Kurz vor dem Start in die Junioren-Bundesliga hatten wir die Möglichkeit, mit dem Trainer unserer U19-Mannschaft, Christopher Brauer, zu sprechen.
bak07.de: Was ist das bisherige Erfolgsrezept deiner erfolgreichen Arbeit?
„Ich denke in erster Linie Kontinuität, Authentizität, positive Besessenheit und Liebe zum Spiel. Grundsätzlich geht es jedes Jahr von vorne los. Wir kommen zusammen, lernen uns kennen, arbeiten intensiv und versuchen eine gemeinsame Fußballidentität zu entwickeln. Wir wollen junge Menschen dabei begleiten, Erfahrungen zu sammeln, sie aus ihrer Komfortzone locken und ein Mindset für auf und neben dem Platz schaffen, dass ihnen beim Erreichen ihrer Ziele hilft.“
„Auf der anderen Seite geht es uns darum, spielnah, implizit und ganzheitlich zu trainieren, um den Spielern die Freude am Spiel zu vermitteln und gleichzeitig Lösungen für komplexe Spielhandlungen mitzugeben bzw. zu erfahren. Hierbei steht unser Credo: „Wir wollen den Ball haben” über allem. Es geht mir darum, die Besonderheit des Fußballs in all seinen Facetten näherzubringen. Die Bereitschaft zu entwickeln, die es braucht, auf hohem Level zu spielen. Eine innere Einstellung zu besitzen, mit dem Ziel jeden Tag zu trainieren, um danach ein besserer Spieler zu sein. Ich denke, das Zusammenspiel aus dem sozialen Umfeld, Menschlichkeit, Glaubwürdigkeit, gegenseitigem Vertrauen, dem Motto: „Fordern und Fördern”, der Freude beim Begleiten dieser jungen Persönlichkeiten und die Liebe zum Spiel mit allen seinen Aspekten beschreiben es ganz gut.“
bak07.de: Du bist zur Saison 2018/2019 nach einer kurzen Pause bei Hertha 03 wieder zum Berliner AK zurückgekehrt und hast die U19 in der Saison 2020/2021 in die Regionalliga und 2022/2023 in die Bundesliga geführt. Was war dein Beweggrund zur Rückkehr? Bist du selbst überrascht über den größten Erfolg der Vereinsgeschichte?
„Zunächst einmal hatte ich von 2014 bis 2016 zwei schöne Spieljahre als Trainerneuling beim Berliner Athletik Klub 07. In diesen konnte ich von allen handelnden Personen einige wichtige Erfahrungen mitnehmen, in erster Linie ist hier, Dominik Ludwig zu nennen. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, mich auszuprobieren, Fehler zu machen und mich entwickeln zu lassen. Nach meiner Zeit bei Hertha 03 Zehlendorf, wo ich weitere Entwicklungsschritte gehen durfte, vor allem auch persönlich, wollte ich eigentlich eine Pause einlegen. Kurzfristig kam dann die Anfrage vom BAK. Nach kurzen Gesprächen und dem inneren Verlangen nach Fußball entschied ich mich zur Rückkehr, ohne zu wissen, was mich dort erwartet.“
„Der Fußball gibt uns die Möglichkeit, uns auszudrücken.
Er schreibt Geschichten und Momente. Unbeschreiblich schöne, traurige und emotionale.“
„Zu Beginn ging es erst einmal darum, die eigene Trainerpersönlichkeit unter Berücksichtigung der zuvor gewonnenen Erfahrungen in diesem „neuen Umfeld” ankommen und adaptieren zu lassen. Dass es so kam, wie es kam, konnte 2018 niemand erahnen. Mir geht es auch nicht um Ergebnisse – diese sind immer das Produkt guter Arbeit – sondern darum, miteinander den Prozess zu gestalten und zu erleben. Klar bin ich ehrgeizig und hungrig nach Siegen, aber im Grunde machen mich der Moment, die Idee und deren Umsetzung und die Freude untereinander und füreinander etwas geschaffen zu haben am glücklichsten.“
„Dieser kurze Moment, in dem etwas auf dem Platz geschaffen wird, beschreibt für mich Erfolg. Der Fußball gibt uns die Möglichkeit, uns auszudrücken. Er schreibt Geschichten und Momente. Unbeschreiblich schöne, traurige und emotionale. Die gemeinsamen Erfolge sind das Produkt aus der intensiven Arbeit, den guten Spielern sowie Mitmenschen im Team und im Verein. Es ist das Ergebnis aus gemeinsamer Leidenschaft, Zusammenhalt und Unterstützung.“
bak07.de: Deine Mannschaften werden in der Rückrunde immer stärker. Die letzte Niederlage in der vergangenen Saison war am 16.10.2021 gegen Mitaufsteiger Hertha 03. Danach folgten 14 Siege sowie 2 Unentschieden und der direkte Aufstieg in die Bundesliga.
„Ich denke, dass Entwicklung einfach Zeit benötigt. Es war und ist immer ein Prozess. Es geht neben der gemeinsamen Entwicklung und Erarbeitung unserer Spielidee auch immer um die persönliche Entwicklung der Spieler. Wir wollen den Spielern ein Umfeld schaffen, in dem sie sich innerhalb des gesteckten Rahmens bestmöglich entfalten. Individuell fußballerisch und menschlich den nächsten Step machen zu können, ein Mindset aus Bescheidenheit, Sieger-Mentalität, Widerstandsfähigkeit und Reflexion zu vermitteln und vorzuleben benötigt Zeit. Das Wachstum an physischer und fußballerischer Substanz nimmt von Tag zu Tag zu, muss aber entwickelt werden. Des Weiteren bedarf es in jedem Prozess eines maximalen Vertrauens, eines Für- und Miteinanders sowie bedingungsloser Arbeit an sich und im Kontext der Mannschaft. Diese Ganzheitlichkeit in der Ausbildung, das Schaffen von Synergien innerhalb der Gruppe und die ständigen Wechselwirkungen benötigen viel gemeinsame Zeit, und zwar auf und neben dem Platz.“
bak07.de: Kam der Aufstieg zu früh?
„Kann ein Aufstieg zu früh kommen? Das kann ich nicht beantworten. Klar ist es wichtig, alle zu berücksichtigenden Parameter mit einzubeziehen. Haben wir die Strukturen, können wir es sportlich schaffen, haben wir die fußballerische Qualität und mentale Stärke. All das werden wir in den nächsten Wochen sehen. Für mich geht es jetzt in erster Linie darum, die Spieler und die Mannschaft zu entwickeln, damit wir zusammenwachsen und wettkampffähig sind. Wir gehen mit der Demut in die Saison, dass wir uns alles am Maximum erarbeiten und uns gut präsentieren. Für den Verein ist es eine große Ehre in der höchsten U 19-Spielklasse des Landes vertreten zu sein! Wir nehmen es wie es kommt und wollen den BAK auch außerhalb Berlins bekannter machen. Wir wollen mutig auftreten und jedes Spiel trotz aller Widrigkeiten annehmen und genießen.“
bak07.de: Du hast eine intensive Vorbereitung hinter dir. Wie fällt dein Fazit aus?
„Seit dem Aufstieg blieb keine Zeit, die vergangene Saison zu reflektieren. Wir waren ab Tag 1 nach dem Aufstieg mit der Planung für die kommende Spielzeit beschäftigt. Im Grunde mussten wir eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen und das unter schwierigen Bedingungen. Wir müssen berücksichtigen, dass der BAK auch historisch bedingt im Berliner Nachwuchsfußball nicht zu den Top 5-Adressen gehört. Wir müssen uns aus dem Spielerpool 2004er und 2005er Jahrgang mit vier weiteren Berliner Bundesligisten messen. Dazu kommen weitere ambitionierte und traditionsreiche Adressen.“
„Aus der letztjährigen Aufstiegsmannschaft sind noch 4 Spieler übrig geblieben. Das heißt, wir mussten ca. 20 neue Spieler dazu holen. Mussten weitere und noch bessere Strukturen und Bedingungen schaffen. Die Mannschaft musste zusammenwachsen und unsere Spielidee kennenlernen. Ich denke, unter Berücksichtigung all dieser Faktoren können wir zufrieden sein. Die Jungs haben eine gute Vorbereitung absolviert, mit einigen Hindernissen und auch positiven Momenten. Sie haben gut gearbeitet, waren wissbegierig und sammelten einige wichtige Erfahrungen.“
„Ob wir bereit sind, ist schwer vorherzusagen. Ich denke, wir brauchen noch mehr Zeit miteinander, um uns noch besser kennenzulernen, unsere Art des Spiels noch besser kennenzulernen. Wir freuen uns jetzt, dass die Wettkampfphase beginnt. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns als Underdog mit allen Mannschaften messen können.“
„Wir wollen uns mit den Besten zu messen“
bak07.de: Was erwartet die U 19 in der Elite-Liga Deutschlands?
„Eine intensive und physische Liga mit diversen Teams und Philosophien. Jedes Spiel wird eine gewaltige Herausforderung im physischen und mentalen Bereich. Auch fußballerisch erwartet ich unterschiedliche Stile und Herangehensweisen. Persönlich freue ich mich auf die Begegnungen mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Um auf diesem Niveau zu bestehen, brauchen wir die richtige Haltung auf dem Feld, mentale Stärke und die entsprechende Zielstrebigkeit in unserem Verhalten.“
„Wir sind Aufsteiger, wir sind Underdog, wir sind im Verhältnis zu den anderen Vereinen ein junger leistungsorientierter Verein, wir sind kein NLZ und sind Neuling. Das heißt, wir müssen uns erst einmal beweisen. Von der ersten Sekunde an befinden wir uns im Abstiegskampf. Hierbei müssen wir berücksichtigen, was das für unsere Psyche bedeutet und wie viel wir auch aushalten müssen. Auf der anderen Seite habe ich den Spielern gesagt, dass wir nichts zu verlieren haben. Ob wir die Klasse halten, weiß ich nicht. Der Fußball zeigt Woche für Woche das alles möglich ist. Wir wollen in erster Linie unsere eigene Geschichte schreiben.“
„Wir wollen uns mit der Art, wie wir Fußball spielen, jeden Tag beweisen, dass wir „Bundesliga” können und mit Demut an die herausfordernden Aufgaben gehen. Wir wollen bereit sein, uns mit den Besten zu messen. Am Ende schauen wir, was wir zusammen erreichen. Wir freuen uns auf jedes Spiel und wollen mit Charakter, Entschlossenheit und Neugier auftreten. Aber neben dem Vergleich mit den anderen Mannschaften, geht es mir vor allem um die Entwicklung jedes Einzelnen. Ich möchte die Spieler dabei unterstützen, einen reibungslosen Übergang in den Herrenbereich zu schaffen.“
bak07.de: In dieser Saison wurdest du zum Co-Trainer unserer Regionalliga-Mannschaft befördert. Was sind die Unterschiede zwischen einer U 19 und den Herren?
„Erst einmal ist es mich eine große Ehre Teil des Staff-Teams zu sein. Hierfür gilt Benjamin großer Dank für das entgegengebrachte Vertrauen. Es macht mir jeden Tag großen Spaß im Team, unsere Mannschaft und die einzelnen Spieler zu entwickeln. Des Weiteren bin ich dankbar für den ganzen Input den ich bis jetzt gewinnen konnte. Die Mannschaft hat mir die Eingewöhnung einfach gemacht und es hat sich eine große Vertrauensbasis aufgebaut.“
„Meiner Meinung nach ist die Lücke zwischen Junioren- und Herrenbereich groß. Oftmals wird dies unterschätzt. Was ich bis jetzt feststelle, ist, dass alle Spieler noch professioneller mit ihrem Körper umgehen. Jeder hat ein Bewusstsein für seinen Körper entwickelt, weiß was er braucht und investiert viel Zeit in die individuelle Trainings- und Wettkampfvorbereitung. Auch die Intensität im direkten Duell zeichnet sich durch höhere Intensität aus. Das Verhalten auf dem Feld ist ergebnis- und zielorientierter ausgeprägt. Alle taktisch-technischen Aktionen erfolgen auch durch die höhere Intensität physischer Natur, unter noch höherem Gegner-, Zeit und Raumdruck. Die Sprache auf dem Feld zielt immer auf das Ergebnis ab. Es geht ums Gewinnen, es ist Leistungssport, alles hat Konsequenzen – das führt zu einer höheren mentalen Belastung für alle Spieler. Ich persönlich profitiere vom Austausch mit den Spielern sowie unserem Cheftrainer und gewinne tolle Eindrücke für meine weitere persönliche Entwicklung.“
bak07.de: Du hast sehr erfolgreich dein Studium als Sportwissenschaftler abgeschlossen und im Frühjahr auch deinen Master gemacht. Nebenbei arbeitest du bei KICK ID? Wie bewältigst du das alles?
„Die Zauberwörter sind Zeitmanagement, Kommunikation und Berufung. Des Weiteren habe ich einen Chef, der mir die Möglichkeiten gibt, mir Vertrauen schenkt und selbst Fußballliebhaber ist. Das hilft ungemein. Für mich ist es ein Privileg, die Möglichkeiten zu besitzen, dass zu tun, was mir am meisten Spaß macht, mich den ganzen Tag mit Fußball zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Gibt es etwas Besseres?“
bak07.de: Wo siehst du dich in der Zukunft und was sind deine persönlichen Ziele?
„Ich lebe von Tag zu Tag. Ich arbeite im Moment. Der Fußball mit allen seinen Nebengeräuschen, aber auch Möglichkeiten ist nicht planbar. Deshalb mache ich mir keine Gedanken um meine Zukunft. Ich will Spaß an der Arbeit haben, mich wohlfühlen und etwas entwickeln. Was morgen passiert, weiß ich nicht. Jetzt freue ich mich erst einmal auf die kommende Saison, auf die Herausforderungen und Möglichkeiten. Es wird eine spannende Zeit. Ich bin gesund, privat bin ich glücklich und kann mich in der U 19-Bundesliga und Herren-Regionalliga messen. Ich bin dankbar, dies erleben zu können.“
bak07.de: Vielen Dank für das ausführliche Interview und viel Erfolg beim Saisonstart.